"Ein anderer Ansatz begegnet uns in den Zeichnungen und in der Malerei von Brigitte Dahmen-Roscher. Die hier ausgestellten Arbeiten beschäftigen sich mit dem wohl ältesten Thema der Kunst, der menschlichen Figur. Nicht die klassische Studiensituation mit der Modell-Maler-Konstellation ist hier das Thema, sondern die Auseinandersetzung mit den Körperbildern in Zeitungen, Anzeigen und Bildbänden, mit denen wir täglich konfrontiert werden. Besonders die Bilder der Tagespresse, die als Textbeigabe das Geschehen illustrieren sollen, werden von Dahmen-Roscher gesammelt und als Vorlagen benutzt. Bei der Auswahl spielt die ästhetische Qualität der Fotos keine Rolle, wichtig ist das spontane Interesse daran. In den Bildern der Printmedien, und nicht nur da, begegnen uns immer die gleichen Körperstereotypen. Die Verführung, der Kampf, Sieg oder Niederlage, die Entschlossenheit, das Opfer - die Liste ließe sich beliebig fortschreiben. Von den großen Bildagenturen weltweit vermarktet konsumieren wir diese immergleichen Bilder täglich und die Unterschiede vermischen sich bis zur Unkenntlichkeit. Dahmen-Roscher übernimmt in ihren Arbeiten die Funktion eines Filters oder Mediums, durch das die Fotos hindurchgehen. Subsumiert unter dem eigenen Ausdruck, der eigenen Geschichte, gewinnen die Körperbilder wieder an Identität, die sich dem flüchtigen Konsum widersetzen. In schnellen, gestischen Zeichnungen überführt sie die Bilder in einen offenen, bewegten Zustand; die Eindeutigkeit der Aussage verschwindet und macht einer Vieldeutigkeit Platz. Spannung, Pathos oder leise Ironie haben darin genauso Platz wie eine fragile Körperlichkeit, die sich gleichsam auf dem Bildgrund aufzulösen scheint und dem Klischee durch Ausdruck begegnet."
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